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In vielen Kolpingsfamilien ist die Eine-Welt-Arbeit ein fester Bestandteil der Jahresaktivitäten. Die Partnerschaftsarbeit bringt Lebensfreude und oftmals auch neue Mitglieder in die Kolpingsfamilien, denn der Einsatz für gerechtere Strukturen und einen nachhaltigen Lebensstil wirkt anziehend auf andere.
Beim Bildungstag „Teilen verbindet“ am 18./19. Oktober 2019 in Wien haben Kolping-Verantwortliche aus ganz Österreich gemeinsam mit Hauptreferent Markus Demele, dem Generalsekretär des Int. Kolpingwerkes, verschiedene Formen der Entwicklungszusammenarbeit im Kolpingverband in den Blick genommen und davon ausgehend neue Wege und Ansätze ausgelotet, weltweite Partnerschaften heute zu leben und zu gestalten.
Die Ergebnisse finden Sie hier, ebenso wie eine Dokumentation des Impulsreferats und Hinweise auf nützliche Materialien und Hilfen für die Weiterarbeit auf diözesaner oder lokaler Ebene.
Kolping-Bildungstag in Wien zum Thema Entwicklungspartnerschaften betont den Wert grenzüberschreitender Erfahrungen und der Begegnung „von Mensch zu Mensch“.
„Stell dir vor“ … du würdest nicht in Österreich leben, sondern irgendwo in Afrika und wärest als Kleinbauer angewiesen auf die kargen Erträge deines kleinen Feldes, und der Regen bliebe aus, deine Vorräte gingen zur Neige und deine Familie würde vor der Alternative stehen, entweder zu hungern oder das Saatgut für das nächste Jahr heuer schon aufzuessen. Stell dir vor, du lebtest in Indien und dein Kind wäre krank und das nächste Krankenhaus mehrere Tagesmärsche entfernt, oder dein Zahn würde sich entzünden, doch kein Arzt weit und breit, sodass du nur die Wahl hast, die Schmerzen zu ertragen oder den Zahn auszureißen – mithilfe einer Zange.
Mit Beispielen wie diesen holte Markus Demele, Generalsekretär von „Kolping International“ und Hauptreferent beim Bildungstag von Kolping Österreich zum Thema „Entwicklungspartnerschaften“ Ende Oktober in Wien, die Realität der ärmeren Länder mitten hinein ins Tagungsgeschehen. Erfolge in der Armutsbekämpfung seien zwar da, stellte er fest, jedoch seien die Menschen in den südlichen Kontinenten stärker als wir im Norden bedroht von Wirtschaftskrisen sowie neuerdings vom Klimawandel und den dadurch verursachten Wetterextremen. Den TeilnehmerInnen an der Tagung stellte er vor Augen, dass sie alle in der „Lotterie der Natur“ einen Haupttreffer gezogen hätten: „Eigentlich leben wir im Schlaraffenland und stehen von daher in der Pflicht, uns für jene, die es weit weniger gut getroffen haben, einzusetzen!“
Die partnerschaftliche Kooperation im Rahmen von Kolping International stellte Demele unter das Motto „Wir glauben an dich!“ Gemäß diesem Wahlspruch des Int. Kolpingwerks gehe es darum, durch die konkrete Zusammenarbeit hier wie da Talente zu wecken und Solidarität zu aktivieren. „Menschen vom Hilfsempfänger zum Engagierten machen, Wachstum im ganzheitlichen Sinne ermöglichen – darum geht es bei der Entwicklungszusammenarbeit, wenn wir den Ideen Adolph Kolpings folgen!“
Kolping-Präsidentin Christine Leopold bezeichnete in ihrem Eröffnungsstatement die Pflege weltweiter Partnerschaften als wichtigen Weg, den Einsatz für die globalen Nachhaltigkeitsziele weiterzuverfolgen, zu dem sich der Kolpingverband verpflichtet hat; ebenso ermunterte sie die Delegierten, den Blick wieder stärker auf die Chancen zu richten, die ein internationaler Verband wie Kolping bietet. Im österreichischen Kolpingverband gebe es viel Engagement in der Einen-Welt-Arbeit, aber auch einen gewissen Mangel an Koordination, sagte sie: „Mit diesem heutigen Tag möchten wir uns wieder stärker in die gemeinsame Arbeit des internationalen Kolpingwerkes einbetten; gleichzeitig wollen wir erreichen, dass sich alle Kolpingsfamilien künftig in irgendeiner Weise in die Eine Welt-Arbeit einknüpfen und die Vorteile nutzen, die darin auch für die Vereinsarbeit liegen.“
Für die künftige Arbeit wurde der Wert der Begegnung hervorgehoben: ob mittels moderner Kommunikationstechniken, die virtuelle Kontakte in Echtzeit ermöglichen, oder in der „guten alten“ persönlichen Form – sei es durch Projektreisen oder Besuche von Partnern in Europa. Inhaltlich solle es bei den Kooperationen wie bisher um „Hilfe zur Selbsthilfe“ gehen sowie um die Deckung von Grundbedürfnissen des Lebens (Wasser, Ernährung, Bildung), ergänzt um zeitgemäße Anliegen wie Frauenförderung und Klimaschutz bzw. Hilfe für die Opfer des Klimawandels in den südlichen Ländern. Ebenso wurde als wichtig erkannt, die Kolping-Kräfte besser als bisher zu bündeln, vor allem auf der Ebene der Diözesanverbände die Vernetzung im Bereich „Eine Welt“-Arbeit voranzutreiben und Anregungen und Materialien von Kolping International intensiver zu nutzen.
Kolping-Präsidentin Christine Leopold appelliert in ihrem Eröffnungsstatment an alle Kolpingsfamilien, sich in das weltweite Kolping-Netzwerk einzuknüpfen.
Liebe Freunde,
ich heiße euch herzlich willkommen zu diesem Bildungstag. Wie die meisten von euch wissen, feiert das Internationale Kolpingwerk heuer 50 Jahre internationale Entwicklungszusammenarbeit. Denn vor 50 Jahren hat das damals - noch im Wesentlichen aus nur europäischen Ländern bestehende Kolpingwerk - beschlossen, sich über die Grenzen unseres Kontinents hinauszuwagen und professionelle Entwicklungszusammenarbeit zu beginnen. Und Österreich hat dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Denn in Salzburg war der Bundesverband Gastgeber für diese internationale Versammlung, bei der diese entscheidenden Beschlüsse gefallen sind. Doch Österreich war nicht nur Gastgeber, sondern gleich von Beginn an Partnerland für Brasilien, mit dessen Kolpingleuten viele Projekte verwirklicht wurden und die Verbindungen noch heute bestehen.
Und so ist in diesen 50 Jahren eine beachtliche weltweite Größe Kolpings und eine Vielfalt an Tätigkeitsfeldern entstanden, die das Schicksal vieler einzelner Menschen zum Besseren gewendet hat. Und das ist auch das Ziel, das uns von Adolph Kolping in die Wiege gelegt wurde: Ihm ging es immer um das Schicksal des Einzelnen, um dessen Veränderung, um dessen Lebensverbesserung.
Wir befinden uns, global gesehen, in einer Situation, in der Grenzen immer mehr verschwimmen, wenn nicht gar verschwinden. Es wächst vieles zusammen und die Menschheit begreift sich immer mehr als Einheit. Das zeigt sich besonders jetzt in der Diskussion um den Klimawandel. Das hat wiederum viele Vorteile, - wir können leicht über die Grenzen hinweg kommunizieren und reisen. Aber auch die Nachteile sind unübersehbar: das grenzenlose Wirtschaftswachstum, das zur grenzenlosen Ausbeutung der Natur führt, immer verflochtenere Wirtschaft- und Geldflüsse. Die zu einer Komplexität und Unübersichtlichkeit führen, dass der Einzelne das Gefühl hat, seine Hilfe ist nur mehr ein Tropfen auf dem heißen Stein. Man hilft und hilft und das über Jahrzehnte und es wird, wenn man die Bilder der Notleidenden sieht, kaum besser. Immer noch gibt es so viel Armut, Hunger und Not. Die Flüchtlingsbewegung aus Afrika zeigt es uns derzeit sehr deutlich. Wie kann es uns daher gelingen, motiviert und engagiert zu bleiben und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren? Markus Demele wird heute und morgen mit uns einige Antworten entwickeln.
Im Zuge der Vorbereitung habe ich ein interessantes Buch aufgeschlagen, indem ein schwedischer Wissenschaftler hierzu einen Anstoß gibt. Ihm ist aufgefallen, dass sich besonders in der westlichen Welt, die alten Annahme, Denk- und Sprachweisen über die Kluft zwischen Arm und Reich hartnäckig halten. Obwohl sich bereits vieles verändert und verbessert hat. Die Mehrheit der Menschen hat heute die bitterste Armut überwunden. Zu Adolph Kolpings Zeiten lag die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit noch bei 30 Jahren, heute 200 Jahre später liegt diese bei 70. Das soll uns natürlich nicht dazu bringen, uns zurückzulehnen und nichts mehr zu tun. Sondern es soll uns Mut machen und motivieren, mit beizutragen zur weiteren Verbesserung der Lebenssituationen.
Und wir können das. Denn Kolpingleute haben das Selbstverständnis, Menschen etwas Konkretes für ihre Lebensgestaltung anzubieten. An dem Ort, wo sie leben. Die unmittelbare und handfeste Hilfe, das ist es, was von Kolping erwartet wird und was wir auch gut können.
Und wenn Papst Franziskus sagt, wir müssen einen Beitrag leisten in der globalen Anstrengung, eine bessere, fairere und nachhaltigere Welt zu schaffen, dann kann ich nur sagen, Kolping Österreich stellt sich dieser Aufgabe - sehr bewusst in den beiden Jahren seit der Bildungskonferenz 2017 in Innsbruck, wo wir uns zu einer Selbstverpflichtung entschlossen haben, zu einem „compromiso“, wie es Bischof Erwin Kräutler ausgedrückt hat.
Ein wichtiger Weg, die globalen Nachhaltigkeitsziele zu verwirklichen, das haben wir damals schon gesehen, ist das Pflegen weltweiter Partnerschaften, die gegenseitige Befruchtung und Kooperation über die Grenzen der Länder und Kontinente hinweg im Bewusstsein, dass wir gemeinsam einfach mehr erreichen können.
Im österreichischen Kolpingverband gibt es viel Engagement in der Einen-Welt-Arbeit bis heute, aber auch einen gewissen Mangel an Koordination. Es geschieht eine Menge an Gutem, aber manchmal hat man den Eindruck: Jeder macht irgendetwas, mit irgendwem oder auch gar nichts.
Mit diesem heutigen Tag möchten wir uns wieder stärker in die gemeinsame Arbeit des internationalen Kolpingwerkes einbetten und auch aufzeigen, welche Chancen genützt werden können, die nur ein internationaler Verband, wie Kolping, bietet. Denn Kolping International macht ja nicht nur Projekte, sondern ist besonders bemüht um den Verbandsaufbau in den verschiedenen Ländern. Dass die Begünstigten auch Kolpingmitglieder werden.
Gleichzeitig möchten wir erreichen, dass sich alle Kolpingsfamilien künftig in irgendeiner Weise in die Eine Welt-Arbeit einknüpfen und die Chance neu erkennen, die darin auch für die Vereinsarbeit liegt. In den letzten Jahren hat sich auch ein neues Verständnis für Partnerschaftsarbeit im internationalen Kolpingwerk herausgebildet, das weggeht vom klassischen Verständnis „wir Reiche sammeln Geld und schicken es an die Armen“ hin zu Partnerschaften auf Augenhöhe, zu gegenseitigem Kennenlernen, zu langfristiger gemeinsamer Projektplanung. Der Generalsekretär wird uns das alles näherbringen.
So wünsche ich uns einen erfolgreichen Tag und viele fruchtbringende Gedanken und Aktionen!
Wo es sie gibt, sind Entwicklungspartnerschaften im Namen Kolpings ein Segen für alle Beteiligten: Impulsreferat von Markus Demele, Generalsekretär von KOLPING INTERNATIONAL
„Keiner hat an mich geglaubt. Meine Eltern nicht, meine Geschwister nicht und meine Freunde auch nicht!“ – Es ist noch nicht lange her, da fehlte es Clint, einem jungen Mann aus einem der ärmlichen Vororte von Südafrikas Metropole Johannesburg, an (fast) allem: an Arbeit, an Perspektiven, vor allem aber an Selbstvertrauen; so wie vielen Jugendlichen, die das Schicksal in ein afrikanisches Armenviertel gewürfelt hat. Dann begann er eine Ausbildung bei Kolping, eine Kurz-Lehre zum Hilfskoch. Der Anfang verlief nicht reibungslos, nach wenigen Wochen war er knapp daran aufzugeben, weil er daran zweifelte, schlau genug für die Abschlussprüfung zu sein. Was ihn durchhalten ließ? - „Bei Kolping habe ich das erste Mal Menschen getroffen, die an mich geglaubt haben. Sie haben mir Mut gemacht. Auch das Beispiel von Adolph Kolping hat mir Mut gemacht.“ Clint schaffte die Prüfung. Heute arbeitet er in der Küche eines feinen Restaurants und verdient sein eigenes Geld. Dem Kolpingverband hat er sich vor kurzem als Mitglied angeschlossen und hat hier noch viel vor: „Ich will auch meinen Freunden Mut machen, etwas aus ihrem Leben zu machen.“
Mut hatten auch die Kolpingschwestern und Kolpingbrüder, die die internationale Ausbreitung in der Vergangenheit vorangetrieben haben. Vor 50 Jahren, 1969, wurde dazu ein eigener Verein gegründet („Sozial- und Entwicklungshilfe des Kolpingwerkes e.V.“) und damit jene Organisation geschaffen, die bei KOLPING INTERNATIONAL für die professionelle Entwicklungszusammenarbeit zuständig ist. Heute heißt sie „KOLPING INTERNATIONAL Cooperation e.V.“; der neue Name soll zum Ausdruck bringen, worum es heute in der internationalen Kolpingarbeit geht: um Kooperationen von Partnern und nicht allein um Hilfe von der Nord- zur Südhalbkugel dieser Erde.
Damals wurden ausgehend von Kolpinggeschwistern, die auf anderen Kontinenten zu Gast waren und die Not der Menschen sahen, professionelle Kooperationsstrukturen etabliert und erste Schritte zu einem partnerschaftlichen solidarischen Miteinander in der „Einen Welt“ gegangen. Nicht ohne Diskussionen, aber mit viel Mut etwas Neues zu wagen. Heute, im Jahr 2019, nehmen viele von uns die Globalisierung teils mit Besorgnis, teils mit Freude wahr. Für die Mehrheit vor allem der jüngeren Menschen ist sie längst etwas Selbstverständliches. Dank der globalen Datenströme sind wir binnen Sekunden und oftmals sogar live in Bild und Ton darüber informiert, was auf der anderen Seite der Welt gerade geschieht, und das nicht nur vor dem heimischen Fernseher, sondern direkt auf dem Smartphone in unserer Jackentasche. Für jede/n Einzelne/n ist heute ganz selbstverständlich erlebbar, was andere Kulturen und andere Länder ausmacht. Schon für wenig Geld kann man aus Europa nach Afrika, Asien, Lateinamerika und die USA reisen; zwar zu Lasten des Weltklimas, aber eben für immer mehr Menschen erschwinglich.
Nachbarn oder Geschwister?Die Welt ist zum „globalen Dorf“ geworden und den Menschen wird so eine Nähe zur Fremde ermöglicht, die es in den vergangenen Jahrzehnten in dieser Form nicht gegeben hat. Dennoch hat Papst Benedikt XVI. Recht, wenn er in seiner Enzyklika „Caritas in veritate“ (Nr. 16) schreibt: „Die zunehmend globalisierte Gesellschaft macht uns zu Nachbarn, aber nicht zu Geschwistern“. Und in der Tat scheinen wir von einer globalen Geschwisterlichkeit noch weit entfernt zu sein. Zu dramatisch stehen uns doch die Bilder absoluter Armut vor Augen. Was früher nur durch Zeitungstexte und Schwarz-Weiß-Fotos bekannt wurde, sehen wir heute ganz eindrücklich in den Nachrichten oder in Reportagen und Dokumentationen aus aller Welt: Fast eine Milliarde Menschen dieser Erde lebt unterhalb der absoluten Armutsgrenze, die Hälfte davon Kinder. Viele von ihnen sterben, bevor sie das fünfte Lebensjahr erreicht haben, an den Folgen vermeidbarer Krankheiten wie Durchfall oder weil ihnen nur verschmutztes Wasser zur Verfügung steht. Wir leben in einer Welt, in der immer noch einer von neun Menschen abends hungrig schlafen geht. Weltweiter Hunger ist nicht ein Phänomen der Vergangenheit, das uns an das Äthiopien der 70-er und 80-er Jahre erinnert, an die „Live-Aid“-Konzerte und anderes mehr. Nein: Hunger ist noch immer die häufigste Todesursache in vielen unterversorgten Regionen dieser Erde. Hinzu kommt die schlechte medizinische Versorgung. In zahlreichen ländlichen Gebieten ist die nächste Krankenstation über fünfzig oder gar hundert Kilometer entfernt, und das nicht nur in entlegenen Gebieten fernab der Großstädte. Was in Europa als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge gilt, ist in der Mehrheit der Weltregionen noch ein ferner Traum.
Wie lässt sich diese absolute Armut erklären? Sicher nicht mit mangelnden wirtschaftlichen Mitteln auf unserer Erde! Vielmehr stehen auf unserem Planeten hinreichend Ressourcen zur Verfügung, um allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen – trotz wachsender Weltbevölkerung; sie sind nur extrem ungleich verteilt. Das gilt sowohl für Einkommen als auch für den Besitz. Während in einigen Weltregionen Menschen hungern, wird ein Drittel der weltweit produzierten Nahrung weggeschmissen, der weitaus größte Teil davon in Europa und Nordamerika, ein weiter geringerer Teil geht als „Nachernteverlust“ in den ärmeren Ländern verloren. Jenes viel bemühte Bild der „Schere von Arm und Reich“ die sich immer weiter öffnet, ist keine alte Metapher, sondern hochaktuell.
Lotterie der NaturWährend das reichste Prozent der Welt im Jahr 2002 noch über 43% des Wohlstands verfügte, waren dies im Jahr 2018 schon 51%. Die globale Ungleichheit und auch die Ungleichheit innerhalb unserer Gesellschaften steigt. Und dies ist nicht etwa die Folge enormer Leistungen einiger weniger, die sich den Reichtum mühsam verdient hätten, sondern das Ergebnis fehlender bzw. einer falschen politischen Steuerung. Diese erlaubt es denen, die ohnehin schon über mehr Geld verfügen, als sie ausgeben können, immer mehr Renditen zu erhalten, und misst jenen, die nur von ihrer Hände und Köpfe Arbeit leben, weniger Anteil am wirtschaftlichen Wachstum zu als noch vor 30 Jahren.
„Armut ist wie eine Strafe für ein Verbrechen, das man nicht begangen hat.“, sagt der Publizist Eli Kahmarov. Er bringt damit zum Ausdruck, was der Gerechtigkeitstheoretiker John Rawls die „Lotterie der Natur“ genannt hat: Niemand von uns hat Einfluss auf seinen Geburtsort und die Umstände, in die er oder sie hineingeboren ist. Wer in Zentraleuropa zur Welt kommt, gehört in materieller Hinsicht zu den Glückspilzen dieser Lotterie; jene, die etwa in Ostafrika, Indien oder vielen Gegenden Lateinamerikas das Licht der Welt erblickt haben, sind mit ungleich schwierigeren Startbedingungen konfrontiert.
Bei Kolping sehen wir dieser globalen Ungerechtigkeit nicht tatenlos zu. Es liegt in der DNA unseres Verbandes und entspricht ganz dem bleibenden Auftrag des Seligen Adolph Kolping, dass wir solidarisch miteinander sind. Und diese Solidarität reicht heute weit über den Kreis der eigenen Kolpingsfamilie hinaus. Partnerschaften über Kontinente hinweg prägen weltweit das Bild von Kolping. Viele von ihnen bestehen schon seit 50 Jahren und leben von regelmäßigen Besuchen. Dabei überzeugen sich Kolpingschwestern und Kolpingbrüder, die sich gemeinsam auf eine Reise zu ihren Partnern nach Lateinamerika, Asien oder Afrika begeben, direkt vor Ort von der Wirksamkeit der Projektarbeit und dem Einsatzwillen der Menschen, die sie dort unterstützen.
Immer wieder laden Kolpingsfamilien und Diözesanverbände, aber auch Nationalverbände, die Partnerschaften in der Einen Welt pflegen, Kolpinggeschwister zu sich ein, um aus erster Hand zu erfahren, wie das Leben vor Ort aussieht. Denn natürlich kann sich längst nicht jeder auf die Reise um die Welt machen. Sind aber Partner aus Übersee zu Gast im eigenen Diözesanverband, erlebt man andere Kulturen „zum Anfassen“ und kann sich anstecken lassen von der großartigen Spiritualität und der lebendigen Glaubenspraxis dieser anderen Länder. Manche machen sich in gemeinsamen Work Camps auf den Weg zu den Partnern und bauen neue Strukturen auf, in denen Kolpingleben besser möglich wird. Andere setzen sich in kreativen Aktionen in ihren Kolpingsfamilien und Pfarren, aber auch in ihrem Freundeskreis dafür ein, dass hinreichend Gelder für die Projektarbeit vor Ort zur Verfügung stehen. Zur Kolping-Tradition gehört aber auch, im Gebet miteinander verbunden zu sein. So gibt es Partnerschaften, in denen vereinbart wurde, dass zu einer bestimmten Zeit an einem festgelegten Tag im Monat ein gemeinsames Gebet gesprochen wird. So weiß man sich nicht nur in der Solidarität, sondern auch im Gebet vor Gott miteinander verbunden.
„Wir glauben an Dich“:Eines wird in dieser weltweiten Partnerschaftsarbeit immer wieder deutlich: So unterschiedlich die Kulturen in den 60 Kolpingländern auch sind, ebenso unsere Praxis des Glaubens, so stehen wir bei Kolping doch alle auf einem gemeinsamen Wertefundament. Für uns alle ist das Leben und Wirken des Seligen Adolph Kolping eine tragende Säule unseres Engagements, genau wie die Katholische Soziallehre und die Frohe Botschaft Jesu Christi. So versuchen wir eine „Universalität ohne Uniformität“ zu leben: Vielfalt und Einheit zugleich. Unsere Werte sind in allen Kolpingverbänden weltweit gültig, aber wir müssen dabei nicht uniform agieren und in aller Welt auf dieselbe Art die Ideen Kolpings ins Hier und Heute tragen.
Einer dieser zentralen gemeinsamen Werte ist, dass Entwicklung bei Kolping nicht einfach mit wirtschaftlichem Fortschritt gleichzusetzen ist; Entwicklung bedeutet bei uns vielmehr, dass wir den einzelnen Menschen mit seinen Träumen, Hoffnungen und Sehnsüchten, aber auch mit seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten im Blick haben. „Wir glauben an Dich“ ist das Leitwort, unter das wir unsere Entwicklungszusammenarbeit stellen. Es soll bedeuten, dass wir in jedem einzelnen Menschen Talente sehen, die dazu taugen, sich selbst und seine Umgebung zu entwickeln, an Leib und Seele. Nicht nur ein Mehr an Einkommen, so wichtig das ist, prägt unser Verständnis von Entwicklung, sondern auch ein Mehr an Gemeinschaft und an Einsatz für das Gemeinwohl. In diesem Geist der Tatkraft sind Kolpingschwestern und Kolpingbrüder über Kulturen und Länder hinweg verbunden.
Wie bereichernd und sinnstiftend der Einsatz für die Eine Welt, auch für die Kolpingverbände in Europa sein kann, wird immer wieder deutlich bei den vielen Veranstaltungen und Aktionen, die Kolpingsfamilien in den letzten Jahrzehnten gestartet haben. Einige verkaufen den fair gehandelten „Tatico“-Kaffee, den Kolping-BäuerInnen in Mexiko und Honduras anpflanzen. Rund um den Verkauf des Kaffees gibt es dann Bildungsaktivitäten, die den Menschen deutlich machen sollen, warum es wichtig ist, beim eigenen Konsum auf Fairness zu achten. Andere Kolpingsfamilien sammeln Altkleider, Schuhe, Papier und alles, was sich irgendwie zu Geld machen lässt, um den Ertrag dann in die effiziente Projektarbeit von KOLPING INTERNATIONAL zu investieren. Wieder andere Kolpingsfamilien beteiligen sich an den Aktions-Vorschlägen aus dem Generalsekretariat in Köln, wie z.B. dem „Eine-Welt-Dinner“. Bei diesem werden zu Hause Mahlzeiten von verschiedenen Kontinenten gekocht und so während des Essens mit der Kolpingsfamilie oder mit Freunden kleine „Reisen mit allen Sinnen“ in die verschiedenen Gegenden der Welt unternommen. Zu jedem Gericht gehört ein kurzer Bericht über die Projekt- und Verbandsarbeit von Kolping in dem jeweiligen Land.
In diesem Jubiläumsjahr machen sich viele Kolpingsfamilien aus verschiedenen Ländern mit einem Aktionsset, das bei KOLPING INTERNATIONAL bestellt werden kann, im wahrsten Sinne des Wortes „auf den Weg“. In Jubiläumswanderungen werden verschiedene Stationen abgeschritten, um dort mithilfe eines Wanderhefts die Menschen von anderen Kontinenten direkt zu Wort kommen zu lassen und Bitten der Pilgernden vor Gott zu bringen. In einem gemeinsamen Gottesdienst kann im Anschluss Gott gedankt werden für das bereits Erreichte.
In vielen Kolpingsfamilien ist die Eine-Welt-Arbeit ein fester Bestandteil der Jahresaktivitäten geworden. Die Partnerschaftsarbeit bringt Lebensfreude und oftmals auch neue Mitglieder in die Kolpingsfamilien, denn der Einsatz für gerechtere Strukturen und einen nachhaltigen Lebensstil zieht andere Menschen an. Es wirkt attraktiv in einer Welt und zu einer Zeit, in der eine „Wegwerfkultur“ von Papst Franziskus zu Recht angeprangert wird. Die Nachhaltigkeits-Entwicklungsziele (SDGs) der Vereinen Nationen mahnen uns, dass alle Länder „Entwicklungsländer“ sind und wir alle, egal, wo wir leben, gerufen sind, einen Lebensstil zu pflegen, der den Menschen überall ein würdiges, ein gutes Leben ermöglicht. Dahin müssen wir uns entwickeln. „Die Nöte der Zeit werden euch lehren, was zu tun ist!“ – Die Partnerschaftsarbeit bei Kolping ist ein schöner und sinnstiftender Weg, dem Auftrag Adolph Kolpings in der heutigen Zeit zu entsprechen.
Im Rahmen einer Gruppenarbeit und eines „World Café“ erarbeiteten die Delegierten einen Überblick über bestehende und mögliche künftige Formen von Entwicklungspartnerschaften unter Beteiligung von Kolpingsfamilien und –Diözesanverbänden aus Österreich.
In den Beiträgen der Delegierten wurde die Vielfalt der Aktivitäten deutlich, durch die die Kolping-Entwicklungsarbeit in Österreich geprägt ist. In historischer Sicht sind hier zuerst die „Workcamps“ zu nennen: Arbeitseinsätze von Kolping-Gruppen aus Österreich in Brasilien und später auch in Kenia; die damals geknüpften Bande halten zum Teil bis heute, beispielsweise im Diözesanverband Oberösterreich, welcher im notorisch trockenen Nordosten Brasiliens ein Projekt unterstützt, das die Wasserversorgung sichert. Kontakt nach Brasilien pflegen nach wie vor auch der Landesverband Steiermark bzw. die Kolpingsfamilie Jagerberg (Straßenmädchenprojekt) und der Diözesanverband Salzburg in Kooperation mit dem österreichischen Missionar und langjährigen Kolping-Präses Hans Schmidt. Die Kolpingsfamilie Waidhofen/Thaya ist in Bolivien aktiv, in Vorarlberg bestehen Kontakte u.a. nach Indien (Latrinenbau) und Moldawien (Ziegenprojekt), auch der Wiener Diözesanverband orientiert sich nach Osten: Kolpingsfamilien in Rumänien, Moldawien und der Ukraine werden auf dem Weg in die Selbständigkeit begleitet. Andere Partnerschaften von Kolpingsfamilien, etwa in Linz, kamen durch persönliche Kontakte zustande oder sind, beispielsweise in Tirol, Kooperationsprojekte mit befreundeten Organisationen.
In Gruppen erarbeiteten die TeilnehmerInnen des Bildungstages Antworten auf folgende Impulsfragen:
Wo stehen wir? Welche „Eine Welt“-Aktionen/Initiativen/Kooperationen gibt es derzeit bei Kolping in Österreich?
Woher kommt die Motivation, sich einzusetzen f. d. Thema „Entwicklungspartnerschaften“: persönlich und als Kolpingsfamilie bzw. Diözesanverband?
Woher beziehen wir die Info zu den Projekten?
Wie legen wir fest, was wir unterstützen?
Gibt es Vernetzungen in diesem Bereich? Wenn ja, welche? Wenn nein – warum nicht?
Nach dem Rückblick bzw. der Betrachtung des Status Quo ging es im Rahmen eines „World Café“ um einen Ausblick und das Gewinnen von neuen Perspektiven. Gemeinsam wurden Wege erkundet für die künftige Gestaltung von Entwicklungspartnerschaften im Namen Kolpings. Aufbauend auf dem, was bisher wertvoll war und gut funktioniert hat, aber auch unter Berücksichtigung von aktuellen Überlegungen und Impulsen: Partnerschaften im Zeichen der Begegnung und des Austauschs, zur gegenseitigen Stärkung und im Bewusstsein, dass wir alle zu einem großen Ganzen gehören – bei Kolping ebenso wie auch in der immer enger zusammenwachsenden „Einen Welt“, in der die Herausforderungen global sind und nur in Kooperation gelöst werden können.
World Café „Wie wollen wir was tun?“
Tisch 1: Welche Nöte in der Einen Welt sehen wir als besonders dringlich an? Wo wollen wir helfen?
Tisch 2: Welche Stolpersteine/Vorbehalte gibt es für die Eine-Welt-Arbeit?
Tisch 3: Welche Unterstützung braucht unser Kolpingsfamilie von Kolping Österreich und/oder KOLPING INTERNATIONAL?
Tisch 4: Wie kommen wir an finanzielle Mittel für die Partnerschaftsarbeit? (lokal, Bundesland, Kirche, Unternehmenskooperationen …)
Tisch 5: Wie können wir konkret in Austausch und Begegnung mit unseren Partnern kommen?
Tisch 6: Mit wem wollen wir uns künftig vernetzen, um mit den Kolping-Partnern optimal zusammenzuarbeiten?
Im Oktober 2019 startete Kolping International ein „Jubeljahr“: Anlass dafür ist der 50. Jahrestag des professionellen Einstiegs in die Entwicklungszusammenarbeit. Das 50-Jahr-Jubiläum ist auch für uns in Österreich eine Chance, den Blick für die Vielfalt der weltweiten Kolpingarbeit zu schärfen und im Bereich der internationalen Kooperationen neue Impulse zu setzen. Für Kolpingsfamilien und -Diözesanverbände, die diesen Anlass nutzen wollen, hat das Generalsekretariat in Köln ein Aktionsset erarbeitet. Die darin enthaltenen Vorschläge, den runden Geburtstag würdig zu begehen, reichen von der Durchführung einer Jubiläumswanderung in geistiger Weggemeinschaft mit Kolpingbrüdern und -schwestern auf anderen Kontinenten über die Feier eines Jubiläumsgottesdienstes bis hin zur Gestaltung von Benefiz-Veranstaltungen, etwa eines „Eine Welt-Dinners“ mit Speisen und Getränken aus Afrika, Asien und Lateinamerika.
Das Aktionsset ist kostenlos und im Generalsekretariat von Kolping International erhältlich. Bestellungen: Sigrid Stapel, Tel.: 0049 (0)221 77880-28, E-Mail: 50@kolping.net
Weitere Anregungen und Arbeitshilfen für Kolpingsfamilien, die sich weltweit besser vernetzen wollen, bietet das Int. Kolpingwerk auf seiner Website www.kolping.net
Aktionsset zum 50jährigen Jubiläum der Entwicklungszusammenarbeit von KOLPING INTERNATIONAL mit Vorschlägen für eine Jubiläumswanderung, ein Jubiläumsmenü und einen Jubiläumsgottesdienst.
Eine kulinarische Weltreise zum Mitmachen“ Menübuch zum Kolping International: „Eine-Welt-Dinner“ mit Beschreibung der Aktion, Rezepten und Informationen zu Projekten
„Glück verschenken“ / Anregungen zur Sammlung von Anlassspenden („Aktion Schenken“)
Plakat „Glück verschenken“ zur „Aktion Schenken“ / DIN A3 und DIN A4 | | kostenlos |
Spendenbox / Bastelbogen für Papp-Box zum Spendensammeln | | kostenlos |
Themenflyer zu unseren Projekten / ländliche Entwicklung, berufliche Bildung, Kleinkreditprogramme und Wasserprojekte (Brunnen- und Zisternenbau) | | kostenlos |
Filme: Filme zur weltweiten Projektarbeit von Kolping International können ganz einfach und kostenfrei über unseren Youtube-Kanal heruntergeladen werden: youtube.com/KolpingInternational
Jahresbericht
Spendermagazin „Horizonte“ (mit Berichten aus unserer Projektarbeit, interessanten Eine- Welt-Themen und Informationen für Spender)
Verleih von Roll-ups für Veranstaltungen
Mitmachspiel „Life is not a game“ / orange und schwarze „Lotto-Kugeln“ in durchsichtigem Plastikbehälter mit Fragen und Antworten rund um das Thema Globalisierung & Gerechtigkeit